Du Jäger erzähl mal…

Du Jäger erzähl mal…

Wir Jäger kennen alle die Situation, wenn wir uns unter Nichtjägern bewegen. Sollen wir von unserer Passion erzählen und vor allem was? Welche Erwartungen hat unser Gegenüber? Wie können wir uns positiv darstellen? Diesen Fragen ist die Redaktion von Jagd1 nachgegangen. Dabei stellten uns Nichtjäger Fragen, die uns zeigten was über unser Hobby gedacht wird. Begleiten Sie uns auf diese spannende Reise und lassen Sie uns auf die Aufforderung „Du Jäger erzähl mal…“ antworten.

Der Einstieg

Als Einstieg stellten wir als Redaktion die Frage, was unser Gegenüber über die Jagd und die Aufgaben der Jäger denkt oder weiß. Die Reaktionen darauf waren sehr unterschiedlich und zeigten doch, dass über unsere Leidenschaft nur sehr wenig bekannt ist. Besonders interessant war die Ansicht, dass es zwei Arten von Jägern gibt. Die Hobbyjäger und die professionellen Jäger. Passend dazu wurde uns auch die Frage gestellt „Wieviel wir als Jäger verdienen“. Die Hobbyjagd wurde kritisch gesehen, dagegen ist die Wahrnehmung beim professionellen Jäger, dass dieser sich um verletzte Tiere kümmert und im schlimmsten Fall die Tiere von ihren Leiden erlöst. Klar ist, der Jäger schießt und tötet. Das wir Jäger uns in einem engen Korsett aus rechtlichen Vorschriften bewegen und es oft nicht heißt „Auf, auf zum fröhlichen Jagen“, sondern mit viel Mühen und auch finanziellem Aufwand verbunden ist, war unseren Nichtjägern nicht voll bewußt. Damit war auch schon der aktive Teil von uns beendet und wir wurden mit den Fragen unserer Nichtjäger konfrontiert.

Wie läuft eine Jagd ab? Wieviel Zeit wird dabei verbracht?

Vor dem Hintergrund, dass der Jäger seine Zeit aus Sicht eines Nichtjägers hauptsächlich mit dem Töten von Tieren verbringt, konnte durch unsere Antworten doch der eine oder andere Aha Effekt erzielt werden. Wir wissen alle als Jäger, dass das Jagen selbst nur einen Bruchteil der investierten Zeit bedeutet und die vielen anderen Tätigkeiten im Vordergrund stehen. Wir Jäger fassen das unter dem Begriff der Hege zusammen. Ähnlich wie ein Landwirt soll der Jäger nicht nur ernten, sondern auch etwas dafür tun. Dabei sind wir auch immer wieder darin gefangen möglichst elegant und letztendlich gesetzeskonform den Spagat zwischen Hege, aber keiner Überhege mit zu großen Wildschäden zu schaffen. Dabei sollen wir auch noch die ungeschriebenen Gesetze der deutschen Waidgerechtigkeit beachten. Verstecken wir Jäger uns nicht allzu oft hinter diesen Worten, um nach Aussen unser Tun zu rechtfertigen. Dabei immer Gefahr laufend unsere Nichtjäger nicht mit abzuholen und mit einem großen Fragezeichen zurückzulassen? Wie können wir Jäger diesen Ehrenkodex der Waidgerechtigkeit einer jagdlich unbefleckten Person vermitteln? Vergleichbar ist es mit anderen Bereichen in denen die gute fachliche Praxis gilt. Aber so richtig in Worte können wir es nicht fassen. Wir können es nur vorleben, in unser jagdliches Handeln und Tun möglichst gut integrieren. In diesem Zusammenhang ist ein wichtiger Punkt der Umgang mit den anderen Naturnutzern. Eine Sache was unsere Gesprächspartner am Rande auch erwähnt hatten, dass fast alle schon mal negative Erfahrungen mit uns Jägern machten. Wir sollten nicht als Besserwisser im Revier auftreten, die im schlimmsten Fall mit einer gewissen Arroganz Spaziergängern, Reitern, Joggern oder Radfahrer gegenüber treten. Vielmehr muss es unser Ziel sein, als Experten wahrgenommen zu werden. Unser Wissen positiv ins Licht zu rücken. Wenn wir als Anwalt für die Natur agieren, können wir Unmengen von Sympathiepunkten sammeln. Etwas von dem alten Glanz zurückerobern, als der Jäger noch als angesehene Persönlichkeit im Dorfleben galt.

Zeigen wir unser Wissen

Wie bist du zur Jagd gekommen? Warum jagst du und was ist dein Anreiz?

Während auf die erste Frage die meisten sicher schnell eine passende Antwort finden und die Antwortmöglichkeiten dabei vielfältig sein können, ist die zweite Frage gar nicht so leicht zu beantworten. Viele werden jetzt sicher sagen, dass es Passion, Leidenschaft oder auch ein intensives Erleben der Natur ist. Oft werden wir auch etwas über ein gesundes Lebensmittel oder die Abwehr von Wildschäden erzählen. Aber kann das ein Nichtjäger verstehen? Kann er unsere Gefühle und Beweggründe nachempfinden? Immerhin gehört zur Jagd auch immer wieder das Töten. Und gerade das ist am schwierigsten zu vermitteln. Jeder Tierschützer würde jetzt sofort sagen „Die Natur kann ich auch ohne Töten erleben!“ und natürlich ist das richtig. Aber es ist im Grunde vergleichbar mit dem Bergsteigen. Der Bergsteiger kann die Natur auch erleben und doch fehlt etwas, wenn er auf halben Weg umkehrt. Es fehlt das Glücksgefühl immer wieder mal am höchsten Punkt zu stehen, dort wo es nicht mehr weitergeht. Ohne diese Emotion macht es nur halb soviel Spaß. Spaß, schon wieder so ein Wort, welches wir gefragt wurden. Macht es Spaß zu töten? Wir denken jeder Jäger weiß, dass Töten nicht aus Spaß passiert. Sondern vielmehr aus Überlegung und durchdachtem Handeln. Doch was ist das richtige Wort? Freude? Lust? Befriedigung? Wir sehen ein sehr schwieriges Thema, um nicht doch als blutrünstiges Monster wahrgenommen zu werden.

Bockjagd im Morgengrauen
Wir Jäger kennen den Zauber der Natur – solche Stimmungen ziehen uns immer wieder in den Bann

Sammelst du Trophäen?

Auch so ein emotionsgeladenes Thema. Der Zweck heiligt die Mittel. Viel Schießen, um möglichst viele Trophäen mit nach Hause zu bringen. Doch sind es wirklich Siegeszeichen? Zeichen unserer Dominanz und die Macht des Tötens? Sicher gab es Zeiten, in denen Trophäen als so etwas gesehen wurden. Doch wir Jäger wissen alle, dass nicht die Größe des Knochens oder der Hörner, die Zahl der Federn oder Zähne entscheidend sind, sondern die Geschichte dahinter. Die Erinnerung an eine Begebenheit, eine besondere Situation oder etwas Ungewöhnliches. All das macht den Wert einer Trophäe aus. Uns muss nur bewusst sein, dass dieser Wert primär nur für uns existiert und auf Außenstehende eventuell befremdlich wirkt. Warum erzählen wir zu dem Knochen an der Wand nicht mal die Geschichte? Unser Zuhörer wird erstaunt, vielleicht sogar amüsiert sein.

Jagdtrophäen
Jagdtrophaen – Siegeszeichen oder doch nur Erinnerungshilfen?

Was passiert vor – nach dem Schuß? Wie oft gehst du zum Trainieren auf den Schießstand?

Es kamen auch eine ganze Reihe praktische Fragen auf. Die praktischen Abläufe im Revier sind vielen Nichtjägern teilweise völlig unbekannt oder durch unsere Informationsgesellschaft falsch dargestellt. Alles was für uns selbstverständlich ist, ist für die meisten Menschen außerhalb der jagdlichen Welt fremd, um nicht zu sagen befremdlich. Eine kritische Frage in diesem Zusammenhang: „Warum rettest du im Frühjahr die Rehkitze, um sie dann im Herbst zu erschießen?“ Die Darstellung das Jagd nicht nur Tod, sondern auch gelebter Tierschutz bedeutet, sorgte bei unseren Gesprächspartnern für ein beginnendes Verständnis für die Komplexität der Jagd. Wie schlimm wäre es auch, wenn wir Jäger nicht auch Tierschützer und -freunde wären. Wir wären dann gefühllose Mörder, die ohne Sinn und Verstand ein Leben auslöschen. Doch wir sind uns unserer Verantwortung bewusst. Daher sollte es für uns selbstverständlich sein, unsere Fähigkeiten mit der Waffe regelmäßig zu trainieren, um dann in der entscheidenden tausendstel Sekunde alles richtig zu machen. Das Üben am Schießstand macht ja wirklich Spaß. Hier dürfen wir dieses „böse“ Wort dann auch uneingeschränkt benutzen. Zurückkommend auf die Frage „Was passiert nach dem Schuß?“, war Vielen nur sehr oberflächlich ein Begriff, dass wir Jäger alles tun, um ein hochwertiges Lebensmittel zu erzeugen und damit in der vollen Verantwortung stehen. Eine für uns interessante Fragestellung war, „Wann wir das Projektil aus dem Wildkörper holen, da es doch das Lebensmittel gefährden kann?“. Dass die Geschosse in der Regel den Wildkörper verlassen, uns Jägern seit unseren Tagen der Jagdausbildung in Fleisch und Blut übergegangene Begriffe wie „Kugelfang, Vorder- Hintergelände frei“ selbstverständlich sind, ist dem Nichtjäger nicht geläufig. Ein schönes Beispiel, wie durch teilweise ungenügende Darstellung in den Medien, das Bild in der Öffentlichkeit geprägt wird.

So wie der Tod zum Leben gehört – So ist das Erlegen auch ein Teil der Jagd

Welches und wie oft isst du Fleisch?

Die häufige Frage nach unserem persönlichen Fleischkonsum zeigte deutlich eine gewisse Erwartungshaltung der Fragesteller. Müssen wir uns da nicht immer wieder selbst an die eigene Nase fassen und uns eingestehen, dass wir doch nicht immer unser Selbsterlegtes zum Fleischkonsum nutzen, sondern aus Bequemlichkeit oder Gedankenlosigkeit auf Fleisch aus schlechten Haltungsbedingungen zurückgreifen? Und doch stellen wir es immer wieder in den Vordergrund. Wir jagen, um ein gutes Lebensmittel zu nutzen. Viele von uns Jägern geben das auch als alleinigen Zweck und Rechtfertigung für unser jagdliches Handeln an. Aber ist das nicht zu kurz gedacht? Werden wir damit der Jagd mit ihren vielfältigen Leistungen für die Natur und die Gesellschaft gerecht?

Wildfleisch gilt als gesundes Lebensmittel und kann vielfältig zubereitet werden

Welchen Sinn hat die Jagd?

Da sind wir auch schon bei der kritischen Frage nach dem Sinn der Jagd. Können wir Jäger wirklich die großen Beutegreifer Bär, Luchs und Wolf ersetzen? Regelt sich die Natur nicht von selbst? Ohne uns Menschen würde die Natur sich hervorragend selbst regulieren. Der Natur ist es auch egal, ob da ein Mischwald wächst oder die Fichten vom Borkenkäfer hektarweise dahingerafft werden. In der Natur gibt es keine Katastrophen, sondern nur neue Lebensumstände. Jetzt bevölkern wir Menschen nun mal diese Welt und haben durch unsere Anwesenheit ganz schön viel Unordnung in das „Chaos“ der Schöpfung gebracht. Dazu stellen wir auch Ansprüche und wollen die Ressourcen der Natur nutzen. Als Beispiel brauchen wir den Rohstoff Holz und die Sägeindustrie hat klare Vorstellungen wie ein Baum auszusehen hat. Und bevor sich die Rehwildpopulation über Krankheiten und eine natürliche Geburtenkontrolle selbst regulieren würde, wären die „Schäden“ im Wald zu groß und es würde nicht ausreichend geeignetes Holz als Rohstofflieferant wachsen. Das ist eines der Beispiele für den Sinn der Jagd. Aber auch die Landwirtschaft stellt klare Forderungen an uns Jäger. Wenn das herrenlose Wildschwein sich an den landwirtschaftlichen Früchten der Landwirte gütlich tut, geht das selten ohne größere Folgen ab. Natürlich könnte man sagen, dass sei in Zeiten von Überproduktion nicht schlimm, aber der Landwirt will und muß von seinen Produkten leben können. Im Jagdgesetz ist das Thema Wildschäden klar geregelt und in den meisten Fällen übernehmen wir Jäger auch „freiwillig“ eine finanzielle Verantwortung. Immer mit dem Hintergedanken das Zusammenspiel mit unseren Partnern, den Landwirten und Waldbesitzern, in Einklang zu bringen und positiv zu gestalten. Schließlich dürfen wir nicht vergessen, dass wir Jäger wie bereits oben beschrieben ein hochwertiges, gesundes Lebensmittel erzeugen und somit dem Tod des Tieres auch auf dieser Ebene einen Sinn geben. Wir sehen der Sinn zu jagen hat seine Berechtigung, ist jedoch sehr komplex zu betrachten und nur mit Feingefühl zu vermitteln.

Wildschäden können große Probleme bereiten – Hier hilft die Jagd die Schäden gering zu halten

Hast du auch schon mal eine gefährliche Situation erlebt?

Jeder Jäger wird schon eine Situation erlebt haben, in der wir innerlich aufatmen und ein Stoßgebet Richtung Himmel schicken, dass Gott sei Dank alles nochmal gut gegangen ist. Aber gerade diese Frage ist ein schönes Beispiel dafür, mit welchen Fragen wir konfrontiert werden können und unser Gegenüber auch eine ehrliche Antwort erwartet.

Zurück zum Anfang

Lassen Sie uns zu den Anfangsfragen dieser doch auch durchaus kritischen Zeilen zurückkehren. Natürlich sollen und möchten wir uns mit den Nichtjägern auseinandersetzen. Erst das wird uns die Möglichkeit geben, unser geliebtes Waidwerk zukunftsfähig zu machen. Wir hoffen, wir konnten Ihnen einige Einblicke geben, was Nichtjäger über die Jagd denken und welche Bilder sie damit verknüpfen. Gerade in den Zeiten der öffentlichen Medien und sozialen Netzwerke, in denen wir unserem Gegenüber oft nicht face to face begegnen, ist es wichtig, sich Gedanken über die Wortwahl oder die von uns gewählten Themen oder Bilder zu machen. Wie schnell wird etwas falsch verstanden und wir besitzen dann kaum Möglichkeiten korrigierend einzugreifen. Wie heißt es so schön „Tue Gutes und rede darüber“. Diese alte Weisheit sollen wir auch auf die Jagd anwenden und es ist legitim über unsere Passion zu sprechen und am besten auch den Worten Taten folgen zu lassen. Warum unseren nicht jagenden Nachbarn nicht mal zum Ansitz oder zur Revierarbeit einladen? Verstecken wir uns nicht, sondern zeigen die vielfältigen Facetten der Jagd offensiv und mit Verstand.

2 Kommentare

Lutz.
17. November 2021

Vielen Dank für diesen ausführlichen und gelungenen Artikel! Gerade in unsere heutigen Zeit ist es doch wichtig, sich allen Fragen und Bedenken der Leute zu stellen und Aufklärungsarbeit zu leisten. Aus meiner Sicht ist es gerade im dicht besiedelten Deutschland nicht einfach die Zusammenhänge und Bedingungen zwischen Kultur, Kulturlandschaft, Natur und Jagd zu erkennen bzw., wie hier geschehen, auch hinreichend aufbereitet darzustellen. Mit den besten Grüßen,

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Rainer
17. November 2021

Ein wirklich schöner Artikel, der zu einer Serie ausgebaut werden könnte! Dies sind ja bei Weitem nicht alle Fragen, die sich für Nichtjäger stellen. Vielleicht kann man die meistgestellten Fragen sammeln?

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