Marderhund gefährlicher als Waschbär
Mit dem Waschbären und dem Marderhund etablierten sich über die letzten Jahrzehnten in Europa zwei, bisher nicht heimische, Tierarten. Ihre stetig wachsende Zahl machte sie in einzelnen Ländern nicht nur zum bestimmenden Raubtier, sondern rückte sie als Wirte für Krankheitserreger in den Fokus von Parasitologen.
Ein Forschungsteam der Vetmeduni Vienna analysierte nun Proben der beiden Wildtiere in Österreich. Der mit dem Fuchs näher verwandte Marderhund dient als zusätzlicher Überträger heimischer Parasiten. Er stellt ein Risiko als Wirt von Zoonosen wie dem Fuchsbandwurm oder Trichinen, also auch für den Menschen relevanten Krankheiten, neben dem heimischen Fuchs dar. Der Waschbär ist dagegen aufgrund seiner ursprünglichen Herkunft aus Gehegehaltung noch weitgehend frei von gefährlichen Parasiten. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Parasitology Research veröffentlicht.
Waschbären und Marderhunde zählen in Europa zu den sogenannten Neozoen, da sie ursprünglich nur in Nordamerika und dem fernen Osten heimisch waren. Ausgehend vom Norden unseres Kontinents etablierten sie sich nun bis in den Süden. In manchen Gebieten sind sie mittlerweile sogar die häufigsten Raubtiere, aber sind auch zusätzliche Krankheitsüberträger. Denn beide kommen als Wirt für unterschiedliche Parasiten wie den Fuchsbandwurm in Frage, die sich auch auf den Menschen übertragen können.
Waschbär ist als Krankheitsüberträger noch harmlos
Waschbär und Marderhund werden zwar oft miteinander verwechselt, man kann sie aber selbst durch ihre „Gesichtsmaskierung“ unterscheiden. Trotz des ähnlichen Aussehens sind die zwei Neozoen nicht so nahe verwandt, wie etwa der Marderhund und ein Fuchs. Damit stellt diese neue Art ein Risiko als zusätzlicher Überträger von Krankheiten, wie dem Fuchsbandwurm, dar, mit denen eben auch heimische Füchse nachweislich infiziert sein können. Der Waschbär kann jedoch ebenso mit dem Waschbärspulwurm für den Menschen gefährliche Krankheiten übertragen.
Forschende der Vetmeduni Vienna untersuchten nun erstmals Proben österreichischer Tiere im Labor auf die genetischen Spuren parasitärer Erreger. „Wichtig war vor allem, ob die Raubtiere zu einer stärkeren Verbreitung heimischer Parasiten beitragen können, oder bereits beitragen“, erklärt Georg Duscher vom Institut für Parasitologie. Dabei zeigte sich, dass der Waschbär derzeit ein geringeres Risiko darstellt als der Marderhund. „In den Waschbärproben konnten wir bislang keine Parasiten nachweisen“, erklärt der Letztautor. Dieses Ergebnis stimmt auch mit den Untersuchungen in anderen europäischen Ländern überein, die ebenso kaum relevante Erreger nachweisen konnten.
Marderhund: Verwandtschaft zum Fuchs größeres Risiko
Der Marderhund stellt dagegen ein größeres Risiko dar als der Waschbär. Neben Parasiten, die nicht auf den Menschen übertragen werden können, wiesen die Forschenden sowohl den Fuchsbandwurm, als auch den Saugwurm Alaria alata, den sogenannten Dunkerschen-Muskelegel in einzelnen Proben nach. Diese stammten allerdings von Marderhunden aus unterschiedlichen Habitaten in Österreich. Die Infektionen mit dem Fuchsbandwurm waren auf den Westen, jene mit A. alata auf den Osten beschränkt. In beiden Gegenden waren auch bei den dort heimischen Füchsen die Parasiten jeweils nachweisbar.
Unabhängig vom Ort war dagegen die Infektion mit dem Parasiten B. cf. microti. Auch dieser Parasit kann von Füchsen übertragen werden. Den Forschenden gelang damit der erstmalige Nachweis einer parallelen Infektion der beiden Tiere in Europa. „Der Marderhund ist damit eindeutig ein zusätzlicher Überträger fuchstypischer Parasiten und sollte regelmäßig kontrolliert werden“, so Duscher.
Habitatmodell kann Untersuchungen erleichtern
Die Zahl der beiden Raubtiere ist in Österreich im Vergleich zu Deutschland und Nordeuropa laut Erstautorin Tanja Duscher vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie allerdings noch relativ überschaubar. Das hängt auch mit geographischen Gegebenheiten zusammen. Sie hat für beide Tierarten ein sogenanntes Habitatmodell erstellt. Dieses errechnet, wo sich die beiden Tierarten am ehesten in Österreich verbreiten können. „Das Habitatmodell lässt damit eine Voraussage zu, wo sich die beiden Raubtiere in Österreich am wahrscheinlichsten verbreiten werden. Ein solches Modell könnte die Überwachung aus epidemiologischer Hinsicht unterstützen.“
Da der Marderhund näher mit Füchsen verwandt ist, stellt er ein größeres Risiko als Wirt dar, so Georg Duscher. Dieses neue Wildtier sollte daher regelmäßig kontrolliert werden, aber auch den Waschbären sollte man nicht vergessen. Letztere trugen bisher eine „weiße Weste“ , da sie kaum Parasiten in sich trugen. „Die Waschbären stammen ursprünglich vorwiegend aus Gehegehaltung und sind wohl Dank tierärztlicher Kontrollen noch weitgehend frei von Parasiten“, erklärt Georg Duscher. Durch Vermischen der Gründerpopulationen können aber auch Parasiten übertragen werden und die Waschbären relevant werden.
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