Auf den Jagdhund gekommen
Eigentlich müsste es heißen, über den Jagdhund zum Jagdschein gekommen.
Als das erste Pony für unseren damals 10 jährigen Sohn nach einem erlebnisreichen Reiterurlaub angeschafft wurde, hielt kurze Zeit später auch unser erster Hund Einzug in die Familie. Beide, Pony und Hund, waren Liebe auf den ersten Blick. Mehr als das samtweiche Maul des Ponys und der ach so niedliche Blick aus den Welpenaugen des kleinen Jack Russels waren nicht nötig, um uns Alles, was damit noch so einher geht, wohlwollend ausblenden zu lassen. Seitdem ist ein Leben ohne Hund unvorstellbar.
Der Jagdhund
Für unseren Bekanntenkreis war es ebenfalls unvorstellbar, dass wir nach unserem letzten Hund, einem ausgesprochen hübschen Huskymischling, plötzlich unbedingt einen Dackel haben wollten. Schuld daran waren die auf Facebook geposteten Welpenbilder einer befreundeten Tierärztin, die sich der Dackelzucht verschrieben hatte. Jedenfalls erlag ich dem Dackelblick auf der Stelle und sofort stand fest, ein Teckel muss es sein. Nach ausgiebigen Recherchen sollte es ein brauner Kurzhaar Zwerg werden. Eine Züchterin ward auf Empfehlung gefunden und nun hieß es warten auf den nächsten Wurf und hoffen, dass eine braune Hündin fallen wird. Das Glück war auf unserer Seite und nach nicht enden wollenden 10 Wochen konnten wir das kleine Wesen, eine gute Handvoll groß, endlich abholen.
Nie hatten unsere bisherigen Hunde das Sofa belegt, geschweige denn den Weg ins Bett gefunden. Mit dem Teckel änderte sich so einiges und das gleich am ersten Abend… Wir waren schlichtweg chancenlos. Nach einigen freudvollen Monaten wurde aus dem niedlichen Welpen eine pfiffige Junghündin, die es galt, artgerecht zu beschäftigen. Da der Teckel ja bekanntlich ein Jagdhund ist, tat ich mich um und stieß auf eine Oberförsterin, die nicht nur Teckel für den jagdlichen Einsatz züchtet, sondern darüberhinaus auch bei der Erziehung von Hunden und der Ausbildung von Jagdhunden sehr erfahren ist.
Als wir zum ersten Mal am Übungsplatz ankamen und unsere Teckel Hündin aus Schönheitszucht im dicken Wintermantel irritiert aus ihrem Kuschelsack im Transportkäfig heraus auf das Geschehen blickte, dachte ich mir so im Stillen, hier sind wir deplatziert. Auf einer großen Brache tummelten sich Rauhaarteckel im Normalschlag mit gleich großen Kurzhaarteckeln, während einige für Zwergteckelbesitzer imponierende Deutsch Kurzhaar, abgelegt am Rande der Brache, aufmerksam das Treiben beobachteten. Um es auf den Punkt zu bringen, wir wurden milde, wenn auch freundlich, von den Hundeführern belächelt und unsere Hündin wich keinen Meter von meiner Seite. Es sollten einige Monate vergehen, bis das kleine Hundeeinmaleins der Grundbefehle saß und die Hündin selbstsicherer wurde. Begeistert war ich der Ausbildung der Jagdhunde gefolgt und es keimte der Wunsch auf, auch unseren Teckel so zu fördern.
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Die jagdliche Ausbildung
Da man in Brandenburg zwar ohne Jagdschein einen Jagdhund führen darf, jedoch nicht zur Ausübung der Jagd – und die jagdliche Ausbildung eines Hundes ist Ausübung der Jagd – beschloss ich, einen Jagdschein zu machen.
Am Anfand stand die Suche nach einer für mich geeigneten Jagdschule. Möglichst nah sollte sie sein, dabei erschwinglich und eine fundierte Ausbildung sollte sie vermitteln. Und – einen freien Platz im Wochenendkurs haben! Denn das, was ich wollte, wollten auch einige Andere. Gesucht, gefunden und dann war es endlich soweit. Das Erste von vielen noch folgenden Wochenenden begann morgens um 7:30 Uhr mit der Begrüßung der zahlreichen Jagdschüler & Jagdschülerinnenn, die sich ebenfalls für diesen Kurs, der sich über drei Monate erstrecken sollte, angemeldet hatten. Nach einer langen Arbeitswoche erschien mir doch 7:30 Uhr am Wochenende recht früh. Mittlerweile weiss ich, dass man sich an das zeitige Aufstehen (gefühlt mitten in der Nacht) als Jägerin schnell gewöhnt und man mit so viel schönem Anblick dafür belohnt wird.
Los ging’s dann auch gleich während der Begrüßung mit dem Hinweis auf die Durchfallquote der letzten Prüflinge. Fortan blickten alle noch bemühter oder noch verzagter drein. Allerspätestens nachdem der komplette Satz Heintges Lehrbücher vor uns auf dem Tisch lag, war auch dem Letzten klar, warum die Prüfung zum Jagdschein das Grüne Abitur genannt wird. Wir büffelten uns also durch Jagdrecht, Naturschutz, Jagdbetrieb, Hundewesen, Waffenhandhabung, Wildbrethygiene und den meist gefürchtetsten Fachgebieten Wildbiologie und Wildkrankheiten. Aber auch das Erkennen von zahlreichen Bäumen und Sträuchern anhand von Zweigen mit Knospen sorgte immer wieder für verzweifelte Seufzer. Nicht zu vergessen, wieviele Singvogel- oder Entenarten hier heimisch sind und gekannt werden wollen!
So anstrengend die Zeit des Lernens bis zur Prüfung auch war, genauso viel Freude bereitete es, sich das Wissen anzueignen und mit einem sich verändernden Blick durch die Natur zu gehen. Auch die Gemeinschaft, die in Teilen noch bis heute besteht, trug einen durch die Zeit bis zur Prüfung, die von allen herbei gesehnt, aber auch arg gefürchtet war. Nach den vielen Stunden im Lehrkabinett, den zahlreichen Reviergängen und den verfrorenen Stunden auf dem Schießstand sollte es dann irgendwann auch mal ein Ende haben oder besser gesagt, einen Anfang ins Jungjägersein. Vor der Prüfung wurden selbst organisierte Lerngruppen gebildet, eine WhatsApp Gruppe eingerichtet für Fragen und Infos aller Art, Traubenzucker verteilt, Beruhigungstees gebrüht und literweise getrunken oder aber noch eine weitere Stunde mit Hilfe des nächsten Potts Kaffee gelernt. Je mehr wir lernten, desto bewusster wurden wir uns der Wissenslücken, bzw. wie umfangreich der Stoff doch war und wie wenig Zeit noch bis zur Prüfung verblieb. Zeit für die nächste Kanne Tee…
Die Jagdprüfung
Und irgendwann war er dann da der erste Prüfungstag. An ihm sollte der schriftliche Teil erledigt werden. Darauf konnte man sich sehr gut mit der ein oder anderen App vorbereiten, die den Multiple Choice Test mit jeweils 13 zufällig zusammen gestellten Fragen aus allen sechs Wissensgebieten simulierten. An sich eine Frage des Fleisses, aber auch dort fiel ein Prüfling trotz gewissenhafter Vorbereitung durch, weil die Aufregung und eine unglücklich formulierte, aber eigentlich richtige Antwort, auf eine der Textfragen, den einen ausschlaggebenden Punkt zum Bestehen nicht einbrachte. Für ihn war die Prüfung damit nicht bestanden und beendet.
Weiter ging es dann am nächsten Tag mit der mündlichen Prüfung, die der schwierigste Teil für Viele werden sollte. Hier wurde man in kleinen Gruppen in allen Wissensgebieten von zwei Prüfern abgefragt. Natürlich gehörte auch etwas Glück dazu, die Fragen zu bekommen, auf die man sich gut vorbereitet hatte. Manch Einer hatte mit Mut zur Lücke gelernt und das Glück nicht auf seiner Seite, sodass dann doch über 30% der Prüflinge in zwei oder noch mehr Fächern durchfielen.
Zum Schießen am nächsten Tag traten dann aber auch Jene an, denn wiederholt werden müssen nur die Fächer, in denen es nicht gereicht hat. Die Disziplinen Wurfscheibe, flüchtiger Überläufer (auch laufender Keiler genannt) und Rehbockscheibe galt es zu absolvieren. Die Rehbockscheibe stellte die geringste Herausforderung dar und wurde auf Anhieb von Allen bewältigt. Die Wurfscheibe, bei der mindestens 4 von 10 Scheiben getroffen werden müssen, sortierte dann Einige aus. Die Meisten jedoch derer, die beim Schießen durchfielen, scheiterten am laufenden Keiler. Die Aufregung ist da meines Erachtens der größte Faktor. Auch der größte Trainingsweltmeister kann flattern, wenn’s dann um’s Bestehen und den angestrebten Jagdschein geht und trifft dann leider nicht in die geforderten Ringe (es müssen mindestens drei Schuss mit mindestens 5 Ringen treffen). Ich weiss, wovon ich rede…
Aber zum Glück hat man noch einen zweiten Versuch unter der Prüfung und wenn’s auch dann nicht klappen sollte, kann man später noch zwei weitere Male zur Wiederholungsprüfung antreten. Irgendwann ist es dann aber bei Jedem so weit gewesen und die Freude bei der Verleihung des Jagdprüfungszeugnis ist riesengroß und auch berechtigt, denn bis dahin war es ein langer und doch recht anstrengender Weg.
Riesengroß war auch bei mir die Freude, als einige Zeit später, mit einem gültigen Jagdschein in der Tasche, mein kleiner Teckel in einer Schweissprüfung auf der 20 Stundenfährte den Tagessieg mit 100 Punkten errang. Ohne Mantel.
© Bilder & Text by Silke Spiegel
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