Jagd1-Leser berichtet: Die Blattzeit in der Rhön
Es ist der Mitte August. Die hohe Zeit des Rehwildes ist in der Rhön zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon vorbei. Im Alpenland treibt sicherlich noch der eine oder andere Bock die Gaisen über die Almwiesen, doch hier deutlich tiefer im „Land der offenen Ferne“ wird’s wohl schon vorüber sein, so meine Gedanken. Gerne wäre ich dieses Jahr in die Berge gereist und mir vielleicht das „Spektakel“ dort oben angesehen, doch ich bin hier und zuhause ist es eh am schönsten.
Ich sitze auf meinem Sitz und wie immer war es den ganzen Nachmmitag schön gewesen und nun verdunkelt sich der Himmel und ein Wolkenbruch fällt über mir ein. Es regnete wirklich den ganzen abend und außer einem Hasen der schnell über die kleine Wiese hoppelt kommt kein Wild in Anblick, warum sollte es auch, bei solch einem Wetter treibt es sicherlich kein Wild aus dem schützenden Dickicht. Nur ich verharre auf meinem Sitz wie ein begossener Pudel.
100 m – näher kommt der Bock nicht
Es ist Mitte August und normalerweise sollte es jetzt schön warm sein, doch in den letzten Tage hatte es sich deutlich abgekühlt. Nur 14 ° C zeigte das Thermometer an, als ich zuhause aufbrach. Und als es deutlich dunkler um mich wurde, begann es mich zu frösteln und ich beschloss den Ansitz an jenem Abend abzubrechen. Doch einmal noch wollte ich den Blatter heraus holen und fiepen. Nach zwei Serien sah ich ein Reh aus dem Wald über die schmale Wiese kommen und wie es in großen Fluchten die Distanz zu mir verkürzte. In etwa 100 m war Schluss, dort wo das Gras zu kurz war, weil es bis dorthin gemäht wurde, kam der inzwischen angesprochene Bock nicht mehr näher.
Der Bock war reif und ich begehrte ihn in der kurzen Zeit sehr. Jedoch half alles fiepen nicht mehr weiter. Der Bock stand auf 100 m breit jedoch so vom hohen Gras verdeckt, dass ich ihn nicht beschießen konnte. Im Alter erfahren geworden, wollte er nicht aus der Deckung ziehen, sondern zog immer wieder am Randes des Grases hin und her. Durch das weitere Blatten war am hinteren Ende der Wiese ein weiterer roter Fleck und durch Glas konnte ich einen weiteren Bock, einen jungen Sechser erkennen. Noch hatte der Alte den Jungspund nicht mit bekommen und meine Angst den Bock zu verlieren war groß. Mit Sicherheit hätte er den Jüngling verjagt und wäre auf nimmer wiedersehen verschwunden, wenn sich beide bemerkten.
Das Fiepen lockt den Bock
Der zweiten Akteur des abends bemerkte aber den Greis sehr bald und verzog sich wieder, nicht aber ohne dass der Begehrte den roten Fleck beim zurückziehen bemerkte und vielleicht die Ricke dahinter vermutete und augenblicklich hinterher wollte. Erneut fiepte es wild über die Wiese und schon drehte der Bock sich um und machte in großen Sätzen in meine Richtung – es war ein Satz zu viel und er stand im Freien vor dem hohen Bewuchs, er drehte sich breit und der Schuss peitschte im selben Moment. Der Bock qittierte die Kugel mit eine Flucht über die Wiese und verschwand aus meinen Augen. Ich zitterte am ganzen Leib und musste mich beruhigen. Nach einiger Zeit fiel mir wieder das schwindende Büchsenlicht ein und der immernoch anhaltende Dauerregen. Zügig war die Stelle gefunden, wo der Bock die Kugel erhielt mit etwas Lunge am Anschuss, doch der Bock war im hohen Gras nicht zu finden, der Regen ließ auch gleich jeglichen Schweiß mit dem abfließenden Wasser im Boden versiechen.
Ich kam nach immerhin noch fast 80 m zum längst verendeten Bock, welcher mit guten Blattschuss im angrenzenden Bestand in seiner Fluchtfährte zusammenbrach. Jagd ohne Hund ist Schund.
Der Bock ist alt und hat stark zurückgesetzt, auf einem Licht blind wäre es für ihn vielleicht seine letzte aktive Blattzeit gewesen. Für mich war sie es auch, für dieses Jahr.
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