Hege und Jagd im September
Im Revier ist es wieder soweit und eine neue Jahreszeit bricht an. Herrschte im August noch die Hitze und Trockenheit wird es im September bereits merklich kühler und die ersten Nebelschwaden künden den nahenden Herbst an. Jetzt beginnt die Zeit der jagdlichen Ernte und wir freuen uns, wenn Sie uns nach draussen ins Revier begleiten.
1. September
Leise und monoton nehmen wir die Regentropfen wahr, die auf dem Dach unserer Kanzel diese einschläfernde Melodie erzeugen. Dazu ist es noch dunkel und selbst mit dem Fernglas ist nicht mal ein grauer Schatten auf der Wiese vor uns zu erahnen. Es ist der 1. September und wir wollen bei diesem Morgenansitz gleich mit der Jagd auf Ricke und Kitz beginnen. Umso früher wir dran sind, umso besser ist es und wenn es uns gelingt diese wichtige Aufgabe schnell zu erledigen, können wir dem Rehwild zum Jahreswechsel die notwendige Ruhe schenken. Oft hört man, dass es ja nur „Pflichtabschüsse“ sind und manchem fehlt vielleicht auch der Reiz daran. Aber gerade die Jagd auf Ricke und Kitz kann sich als anspruchsvolle Aufgabe herausstellen und uns Jäger oftmals in schwierige Situationen bringen.
Es macht auch wenig Sinn zu lange damit zu warten, da die Tage schnell immer kürzer werden und das Rehwild dadurch immer schlechter für uns sichtbar ist. Auch der oft als Vorwand vorgeschobene Gewichtszuwachs bei den Kitzen, ist in der tatsächlichen Fleischmenge kaum messbar. Wenn die Wilddichten passen, haben die Kitze bereits jetzt 11 – 12 kg.
Konsequente Jagd zum Wohl des Wildes
Jetzt Anfang September ist die richtige Zeit, konsequent zu jagen, da die Familien noch eng zusammenstehen und es möglich ist, mit geringem Jagddruck auch eine ganz Familie auf einmal zu entnehmen. Bei diesen Gedanken fasst unsere Hand prüfend in die Jackentasche, ob wir auch tatsächlich unseren Rehblatter dabei haben. Dieser leistet uns nicht nur in der Rehbrunft gute Dienste, sondern hilft uns auch im September, effektiv zu jagen. Natürlich schießen wir zuerst die Kitze, aber wenn diese im Feuer schlagartig bleiben, ist es oft möglich durch leise Kitzfieplaute die Ricke in Sichtweite zu locken. Allerdings muss es dann schnell gehen.
Nicht jeder Jagdtag ist auch Beutetag
So spielen unsere Gedanken während wir in die langsam heller werdenden Schatten starren. Trotz aller Wünsche, das Objekt unserer Begierde auf die Freifläche vor uns zaubern, gehen wir leider leer aus. Auch bei unseren Mitstreitern ist kein Schuß gefallen. Aber auch das ist Jagd. Nicht jeder Tag ist auch ein Beutetag. Trotzdem nehmen wir vom Hochsitz schöne Eindrücke mit. Auch die Zeit zum Entfliehen der Hektik des Alltages ist nicht mit Geld zu bezahlen. Zum Abschluss unseres Sammelansitzes treffen wir uns noch zum gemeinsamen Frühstück in der Jagdhütte.
Zeit der Vorbereitungen
Ein paar Tage später ziehen wir morgens los zu einer Revierrunde. Wir wollen die Drückjagdstände und die Schußschneisen kontrollieren. Die Vorbereitungen für unsere große Jagd im November laufen auf Hochtouren. Schützen und Hundeführer sind bereits eingeladen und die meisten haben auch schon zugesagt. Das Organisieren von großen Jagden mit 40 – 50 Schützen ist immer wieder aufs Neue eine große Herausforderung und zählt zu den wichtigen Funktionen eines Jagdleiters. Schließlich wollen wir bei der Jagd nicht nur erfolgreich sein, sondern es sollen alle Teilnehmer und Hunde sich wieder gesund am Sammelplatz einfinden.
Altweibersommer
Als wir das Revier betreten finden wir uns in einer Zauberwelt wieder. Die Vegetation ist übersät mit tausenden und abertausenden Spinnennetzen, die mit dicken Tautropfen bedeckt sind. In der Sonne funkeln die kleinen Wassertropfen wie unzählige Diamanten. Gut das wir unsere Gummistiefel tragen, sonst wären unsere Füße in den taunassen Wiesen in Sekundenbruchteilen naß.
Mit tiefen Atemzügen saugen wir die frische Luft in unsere Lungen. Das tut richtig gut nach der heißen trockenen Luft im August. Uns fällt auch auf, dass wir nur noch vereinzelt eine Amsel oder den tickenden Warnruf des Rotkehlchens hören. Die meisten unserer gefiederten Freunde sind bereits auf dem Weg in den Süden und die daheimgebliebenen unermüdlichen Sänger des Frühjahrs und Sommers ruhen sich still vom anstrengenden Brutgeschäft aus. Wir sind voll im Altweibersommer, der meist für eine stabile Schönwetterlage im September bis in den Oktober sorgt. Dieser Begriff hat natürlich nichts mit den älteren weiblichen Vertetern unserer Gesellschaft zu tun. Vielmehr ist der Ursprung im Altdeutschen zu suchen, wo der Begriff „weiben“ für das Knüpfen von Spinnweben steht.
Erntezeit nicht nur für den Jäger
Überall lässt sich ein emsiges Treiben beobachten. Alle, die dem Winter in den heimatlichen Gefilden trotzen wollen, versuchen sich gerade einen dicken Winterspeck anzufressen oder legen Nahrungsvorräte an. In den alten Eichen am Waldrand hören wir das aufgeregte Rätschen der Eichelhäher, die sich um die Eicheln streiten. Man möchte meinen es gäbe nur noch eine einzige auf den Bäumen.
Tatsächlich biegen sich die Äste unter der schweren Last der vielen Früchte. Wiedermal ein Vollmastjahr. Da werden wir doch in den nächsten Tagen mal die fahrbare Kanzel herstellen, weil der Revierfunk mit Sicherheit funktionieren wird und sich bald die Sauen am reich gedeckten Tisch einfinden werden. Wir werden in den nächsten Tagen auch mal vor Ort sein und ein paar Säcke Eicheln sammeln. Zum einen sind diese energiereichen Früchte auch bei den Stockenten sehr beliebt und gut als Kirrung geeignet, zum anderen wollen wir einen Beitrag zur Waldverjüngung leisten.
Investition in die Zukunft
Wir werden in dem großen Fichtenwald in der Südjagd ein paar kleine Bretter mit ca. 5 cm hohen Rand in Brusthöhe in die Bäume hängen und darauf die Eicheln legen. Der Eichelhäher als Förster des Waldes, aber auch das Eichhörnchen werden diese holen und als Nahrungsvorrat verstecken. Nicht alle werden sie wiederfinden und im nächsten Frühjahr werden wir im Umkreis überall kleine Eichenkeimlinge vorfinden. Die vor Jahren gepflanzten Wildapfelbäume tragen auch reiche Frucht und am zahlreichen Summen erkennen wir, dass sich die Wespen nochmal richtig den Bauch voll schlagen, bevor mit den ersten Nachtfrösten das große Sterben beginnt. Auch hier sammeln wir ein paar Äpfel. Die Samen streuen wir in der hinteren Ecke des Gartens auf einer Freifläche aus. So gewinnen wir für das nächste Jahr viele kostenlose Keimlinge, die wir dann im Revier an geeigneten Stellen auspflanzen können.
Beerensträucher wichtig für das Niederwild
An der Hecke, in der im Frühjahr ein weißes Blütenmeer zu finden war, hängen nun viele große blauschwarze Früchte. Es sind die Samen des Schwarzdorns oder auch als Schlehe bezeichnet. Diese großen Früchte sind nicht nur ein wertvoller Nahrungslieferant für die Tiere, sondern können auch von uns verzehrt werden.
Allerdings muß man warten, bis die Früchte den ersten Frost abbekommen haben, da sich dann erst die Bitterstoffe abbauen. In den stark dornenbewehrten Zweigen findet unser Niederwild im Winter Schutz in der ausgeräumten Kulturlandschaft. Da traut sich oftmals selbst der tollkühne Jäger Habicht nicht rein. Doch nicht nur der Schwarzdorn ist wichtig für unser Niederwild. Auch die Vielzahl der anderen heimischen Sträucher haben einen notwendigen Platz in unserem Naturhaushalt. Voller Eindrücke beenden wir unsere Revierrunde und kehren nach Hause zurück, wo uns als Stärkung frische Reh-Ravioli erwarten.
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