Wir für das Wild – Rettung der Wildtiere vor dem Mähtod

Wir für das Wild – Rettung der Wildtiere vor dem Mähtod

Für viele hilfsbereite Menschen sind die Monate Mai / Juni äußerst wichtig und durchaus kräftezehrend.
Wenn fast täglich um 03:45 Uhr der Wecker klingelt, heißt es Aufstehen und ab ins „TierfinderOutfit“.

Tierfinder Rhön ist ein gemeinnütziger Verein, welcher 2021 gegründet wurde, nachdem auf einem frisch gemähten Feld ein Rehkitz gefunden wurde, welches tödlich durch das Mähwerk verletzt wurde.

Als aktive Jägerin habe ich die Zeit miterlebt, in der wir als „Menschenkette“ durch dichte und hohe Luzernefelder gelaufen sind, um abgelegte Rehkitze oder auch Gelege zu sichern. Meiner Meinung nach fast UNMÖGLICH das aktiv zu betreiben. Deshalb ist es umso wichtiger, dass immer mehr Vereine entstehen oder sich Gemeinschaften zusammentun, um die Wiesen / Felder mittels Wärmebilddrohnen abzusuchen.

Zur kurzen Aufklärung: besonders Rehkitze haben von Geburt an den Instinkt, dass sie sich bei Gefahr in den Boden drücken und dadurch von außen kaum sichtbar sind. Vor allem frisch gesetzte Kitze, zeigen kaum eine Reaktion oder bemerken den Menschen erst gar nicht. Rehkitze mit ca. 2-3 Wochen sind schon etwas mobil und können ggf. auch abspringen. Deshalb ist es umso wichtiger, Mähflächen vorher abzusuchen um den Rehkitzen, Hasen, Gelege das weitere Leben zu ermöglichen.

Ausrüstung

Unser Verein ist mittlerweile mit 5 Drohnensystemen ausgestattet. Jährlich hat man als Verein Anspruch auf eine Förderung für ein neues Drohnensystem. Die Technik verbessert sich ständig, sodass wir in den bestehenden 4 Jahren deutliche Unterschiede und Erleichterungen im Sinne von Akkuleistung, Bildqualität, Steuerung erkennen konnten. Das heißt, der erste wichtige Anschaffungspunkt ist eine Drohne mit Wärmebildfunktion. In dieser Saison haben wir einen Wechsel vorgenommen zur Marke DJI – und zwar wurde die Drohne Mavic 3 Thermal angeschafft. Diese Drohne hat eine wahnsinnig gute Bildqualität und eine super leichte Bedienung. Außerdem ist die Akkulaufzeit auf 45 Minuten pro Akku ausgezeichnet, was für große Flächen ein enormer Vorteil ist.

Für die Unterbringung der Rehkitze haben wir uns für Kunststoffboxen entschieden. Diese Boxen sind mit mehreren Luftlöchern ausgestattet, damit die Kitze für den Aufenthalt in der Box mit reichlich Frischluft versorgt werden.
Am Einsatztag werden die Boxen mit frischem Gras befüllt, um vor Verletzungsgefahren zu schützen und um die Rehkitze in einer „gewohnten“ Umgebung zu halten.

Zur Verständigung zwischen dem Drohnenpilot und den Läufern benutzen wir Funkgeräte.

Natürlich funktioniert ein Einsatz nur mit einem geschulten Drohnenpiloten und geschulten Läufern.
Jeder Drohnenpilot muss zuerst einen theoretischen Drohnenschein über das Bundesamt für
Luftfahrt absolvieren. Von Vorteil wären auch einige Übungsflüge mit der Drohne vor der Saison.
Ohne Läufer würde ein Einsatz definitiv nicht funktionieren. Es werden immer Teams gebildet mit
Boxenträger und Kitzträger, damit es reibungslos abläuft.

Zum Abschluss fehlt noch der Landwirt. Dieser gibt auf der Homepage oder per Telefon die zu
mähenden Wiesen und den Tag der Mahd durch. Wichtig ist auch hier, stetigen Kontakt mit dem
Landwirt zu halten und ihn darüber informieren, dass die Mahd ZEITNAH stattfinden muss, damit
die gesicherten Kitze wieder schnellstmöglich freigelassen werden können.

Ablauf eines Einsatztages

Zu jedem Einsatz werden durch die Teilnahmeumfragen in der Whatsapp-Gruppe die Teams neu eingeteilt. Am vereinbarten Treffpunkt des Einsatzes werden Handschuhe, Kabelbinder (zum Verschließen der Boxen) und Funkgeräte verteilt. Danach werden die Boxen mit ausreichend Gras befüllt.

Je nach Größe der Wiese / Feld entscheidet der Drohnenpilot die Flugrichtung. Die Teams stellen sich nach Anweisung des Piloten im Abstand von 50m an die abzusuchende Fläche. Um mit der Wärmebilddrohne die effektivsten Wärmequellen zu finden, beginnen die Einsätze zu 95 % am frühen Morgen, da die Flächen durch die Sonne noch nicht aufgeheizt sind.

Ein Wärmepunkt wird auf dem Drohnenbildschirm als heller weißer Punkt angezeigt. Durch den 56-fachen Zoom erkennt der Pilot in den meisten Fällen schnell, ob es sich um ein erwachsenes Stück handelt oder um ein Kitz, Hase, Gelege.

Bei einer Sichtung, informiert der Drohnenpilot die Teams durch das Funkgerät. Das Team, dass am nächsten an der Drohne ist, läuft los. Durch den Drohnenbildschirm erkennt der Pilot das Team und kann somit den genauen Standort des Wärmepunktes durchgeben und perfekt lotsen.

Für das Team wird höchste Konzentration gefordert. In der Anfangszeit liegen die Kitze meist eingerollt und sehr versteckt im Gras und lassen sich auch ohne Probleme hochheben. Wichtig ist hierbei, dass die Handschuhe getragen werden und die Kitze weit weg vom Körper gehalten werden, damit kein Eigengeruch vom Menschen übertragen wird. Ende Mai / Anfang Juni besteht die Gefahr, dass die Kitze teilweise schon mobil sind – hier ist eine ruhige Hand notwendig. Mit wenig Bewegung und einem schnellen Zugreifen, können auch wehrhafte Kitze gesichert werden. Leider gibt es keine 100% Sicherheit dafür, dass abgesprungene Kitze auch aus der Wiese draußen bleiben. Vor allem kann es zu Problemen kommen, wenn der Landwirt erst 2-3 Stunden später das Mähen anfängt. Deshalb sollte immer ein zweites Mal versucht werden, ein abgesprungenes Kitz einzufangen.

Ist ein Kitz dann in der Box gesichert, wird die Box mit einem Kabelbinder verschlossen, damit sich das Kitz weder selbst befreien kann oder ein Spaziergänger von außen. Unsere Boxen sind zusätzlich mit Hinweisaufkleber versehen, mit der Erklärung und der Bitte, die Box nicht zu öffnen.

Wenn alles gesichert und verschlossen ist, wird die Box an einen schattigen Ort gebracht. Nachdem der Landwirt alles gemäht hat, werden die Kitze sofort wieder befreit und nach kurzer Zeit auch von der Geiß wieder versorgt.
Es ist meiner Meinung nach wichtig, dieses Thema immer und immer wieder zu sensibilisieren. In den meisten Fällen funktioniert das auch gut mit den Landwirten zwecks dem frühen Mähen. Natürlich passieren auch Unfälle, da ein Kitz dann doch wieder in die Wiese / Feld gelaufen ist und vermäht wurde, aber es konnten dennoch in der Saison 2024 204 Kitzen eine zweite Lebenschance geboten werden.

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