Der Rehjagdkalender – altes Wissen aufgefrischt

Der Rehjagdkalender – altes Wissen aufgefrischt

Nichts wird oft so hitzig an Jägerstammtischen diskutiert wie die „richtige“ Bejagung des Rehwildes im Spannungsbogen der Überhege und der angepassten Wilddichte. Im folgenden Beitrag wollen wir Ihnen altbekannte Ideen und Denkanstöße vorstellen, die für die heutige Zeit eine erstaunliche Relevanz besitzen.

Was unsere Väter schon wussten

Bereits 1972 ermittelte der bekannte Wildbiologe ELLENBERG im Gatter Stammham die Äsungsaktivitätsphasen von Rehwild. Dazu wurden die Daten an den im Untersuchungsgebiet angebrachten Futterautomaten ausgewertet und ELLENBERG legte einen einfachen Ansatz zu Grunde. Wenn das Reh Nahrung aufnimmt, dann muss es auch aktiv sein. Diese Ergebnisse waren später Grundlage für die Erstellung eines Rehjagdkalenders, der in der Pirsch 10/1979 vorgestellt wurde. Auch nach 40 Jahren sind diese Fakten noch gültig, wenngleich sich die Rahmenbedingungen deutlich veränderten. In Zeiten von Waldumbau und dem immer lauter werdenden Ruf nach Wald vor Wild, können wir Jäger diese „alten“ Erkenntnisse nutzen, um unseren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen und schließlich ein Wald mit Wild zu erreichen.

Der Rehjagdkalender in der heutigen Zeit

Bei der Jagdausübung muss es immer das Ziel sein, mit dem geringstmöglichen Druck, die Jagd durchzuführen. So erhalten wir uns sichtbare und damit letztendlich auch bejagbare Wildpopulationen. Dabei kann uns der Rehwildjagdkalender helfen. Eine vereinfachte Darstellung sehen Sie im Folgenden.

Für die einzelnen bejagbaren Monate sind die günstigen und sehr günstigen Jagdzeiten im Tagesverlauf hinterlegt. Man kann gut erkennen, dass sich Phasen guter Jagdmöglichkeiten mit Zeiten einer eher schwierigen Bejagung abwechseln. Ziel sollte es nun sein, die Monate mit guten Jagdmöglichkeiten zu nutzen und dafür in den eher schwachen Zeiträumen Ruhe zu lassen. Das ist im Grunde nichts Anderes wie eine Intervallbejagung. Ein Begriff der heute oft als die neueste wildbiologische Sensation und innovatives Jagdkonzept dargestellt wird. Tatsächlich hat es uns ELLENBERG schon vor 40 Jahren aufgezeigt. Im Wald noch in Kombination mit einer Schwerpunktbejagung und schon haben wir für uns ein wirksames, aber dennoch einfaches Jagdmanagement für Rehwild erstellt. Dabei bedeutet Schwerpunktbejagung, dass wir Jäger an den Verjüngungsflächen dem Waldbesitzer helfen, die Ziele des Waldumbaus zu erreichen. Dafür können / müssen wir in Bereichen, die waldbaulich weniger Relevanz besitzen, dem Wild die nötige Ruhe schenken.

Ein gutes Jagdkonzept unterstützt den Waldumbau und schafft damit auch gute Rehlebensräume

Nicht zu vergessen – Das Wetter und die äußeren Umstände

Unser Reh ist in vielerlei Hinsicht ein „kleines Sensibelchen“. Gerade was die Wetterlage betrifft kann man das Reh durchaus als wetterfühlig bezeichnen. Kalte, regnerische und windige Tage sind äußerst ungeeignet für die Jagd auf Rehwild, insbesondere zu Zeiten des Haarwechsels. Auch langanhaltende Hitze- und Trockenperioden wirken sich negativ auf die Aktivität unserer Rehe aus. Trotz günstiger Jagdzeit sollte man lieber zu Hause bleiben. Zusätzlich besitzen die Mondphasen einen gewissen Einfluss auf die Unternehmungslust unserer Rehe. Gerade kurz vor und während der Vollmondphase verlagert das Rehwild seine Hauptäsungszeiten in die Nachtstunden. Und dann gibt es natürlich noch die spezifischen Revierverhältnisse zu beachten.

Der Rehjagdkalender im Detail

Wir wollen nun gemeinsam mit Ihnen einen näheren Blick auf die Aussagen und Hintergrundinformationen des Rehjagdkalenders werfen.

April

Zu Zeiten der Erstellung des Rehjagdkalenders gab es noch keine Überlegungen bereits im April Rehwild zu bejagen. Heute ist dies schon in einigen Bundesländern möglich und sorgt auch aktuell immer wieder für kontroverse Diskussionen. Wenn man mal ganz neutral die Aktivitätskurven von ELLENBERG betrachtet, dann können wir etwas erkennen, was wir ja auch in der täglichen Revierpraxis immer wieder beobachten. Im April zeigt das Rehwild eine extrem hohe Aktivität, welche im restlichen Jahresverlauf nicht mehr annähernd erreicht wird. Der Waldjäger besitzt dann zusätzlich noch den Vorteil, dass der Laubaustrieb noch nicht fortgeschritten und dadurch das Reh im Wald für uns sichtbar ist. Auch der Unterschied Schmalreh / Ricke ist in dieser Zeit noch sehr gut erkennbar. Nachteile sind natürlich eine noch längere Jagdzeit auf unser Reh und damit höherer Jagddruck. Grundsätzlich wäre aber schon zu überlegen diese hohe Aktivitätsphase auch jagdlich zu nutzen und dafür eher das Ende der Jagdzeit auf Ende Dezember vorzuverlegen. So könnten wir gerade in der sensiblen Zeit des Hochwinters, in der unser kleiner Cervide seinen Stoffwechsel reduziert, die nötige Ruhe schenken.

Im April ist das Rehwild tagsüber sehr aktiv und auch gut anzusprechen.

Mai / Juni

Für jeden Praktiker ist ganz klar, auch der Mai / Juni ist für die Rehjagd besonders gut geeignet. Wobei aus der Erfahrung jeder weiß, dass ab Mitte Juni, die Sichtbarkeit bereits deutlich abnimmt. Dazu erhöht sich das Risiko deutlich die Schmalrehe nicht mehr eindeutig ansprechen zu können. Warum nicht hier konsequent die Reißleine ziehen und ab dem 15.6. die erste Jagdruhe auf das Reh einlegen? Zuvor sollte aber bereits mit Nachdruck die Bock- und Schmalrehjagd durchgeführt worden sein. Dieses erste Ruheintervall erstreckt sich dann von Mitte Juni bis Ende August und wird nur kurz von der Rehbrunft unterbrochen. Die Familie wird es freuen und als Jäger haben wir in den Sommermonaten wahrlich ausreichend andere wichtige jagdliche Aufgaben vor uns. Erinnert sei nur im Niederwildrevier die Jungfuchs- und sofern erlaubt die Rabenkrähenbejagung. Und natürlich die Wildschadensabwehr von unseren schwarzen Borstentieren in der Feldflur. Also über jagdliche Langeweile können wir uns wirklich nicht beklagen.

Jetzt gilt es die Gelegenheiten auf Bock und Schmalreh zu nutzen – Aber Achtung immer genau ansprechen!

Juli / August

Wie bereits ausgeführt ist im Juli und August mit Ausnahme der Rehbrunft saure Gurkenzeit im Revier. Natürlich sollte jeder nach seinem Gusto die jagdlichen Freuden der Blattzeit erleben. Auf die Erfüllung des Abschussplanes gesehen, ist der Anteil der erlegten Rehe in dieser Zeit aber verschwindend gering.

Die hohe Zeit der Liebe – Für Viele der Höhepunkt im Revier, aber wenig effektiv für die Gesamtstrecke

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September

Der September stellt den zweiten jagdlichen Schwerpunkt im Revier dar. Insbesondere auch dadurch, dass jetzt Ricken und Kitze bejagt werden dürfen. Dieser Umstand, gepaart mit einer hohen Aktivität der Rehe zu den jagdlich üblichen Zeiten, macht diesen Monat so besonders. Viele wildbiologische Untersuchungen und jagdpraktische Erfahrungen zeigen, dass es sich nicht lohnt mit der Rehkitzbejagung zu lange zu warten. Mit jedem Tag im September werden unsere Chancen schlechter und im Hinblick auf den Jagddruck ist es besser von Beginn an konsequent zu jagen. So versuchen wir idealerweise ganze Familien zu entnehmen. Das dabei Jung vor Alt gilt, ist natürlich zwingend zu berücksichtigen. Das oft gehörte Argument, dass die Kitze später 1 – 2 KG mehr auf den Rippen haben, stimmt zwar beim Blick auf die Waage, aber der tatsächliche Mehrgewinn an Wildbret ist dabei verschwindend gering.

Rehwild
Nicht zu lange warten mit der Kitzbejagung – Viel mehr an Fleisch wächst eh nicht mehr dran

Oktober

Der Oktober ist ebenfalls eine tote Zeit und man bekommt oft das Gefühl, dass das Reh im Revier förmlich ausgestorben sei. Das hängt hauptsächlich mit der Hauptaktivität der Rehe im Tagesverlauf zusammen, die ausserhalb der möglichen Jagdzeiten liegt. Auch hier bietet es sich an, eher Ruhe zu lassen und sich der Familie zu widmen.

November / Dezember / Januar

Das sind die Monate in denen der Morgenansitz deutlich erfolgsversprechender ist. Abends kommen die Rehe erst sehr spät und sind damit nach den aktuellen jagdrechtlichen Möglichkeiten nicht bejagbar. Ausnahme bildet Schnee und Frost im Revier, wo auch an der Kirrung abends gute Erfolge erzielt werden können. Insgesamt sollte aber unser Bestreben sein, spätestens Ende Dezember den Abschuss erfüllt zu haben, um dann die nötige Ruhe zu geben.

Ab September nach Möglichkeit ganze Familien entnehmen – Schnee vereinfacht die Bejagung der Winterrehe

Zusammenfassung

Vieles was heute als Modern verkauft wird hat seinen Ursprung schon in viel früherer Zeit. Vielleicht probieren Sie es einfach mal aus und wenden den Rehjagdkalender an. Wir wünschen Ihnen für die kommende Jagdsaison Waidmannsheil, viele schöne jagdliche Erlebnisse und auch im Interesse unserer Rehe eine effektive Bejagung.

Unser Expertentipp für den Mai / Juni

Versuchen Sie auch mal im Mai den Rehblatter einzusetzen. In England ist es gängige Praxis den Maibock mit Fieptönen anzulocken. Als typischen Laut ahmen wir hier dann aber nicht die suchende Ricke oder das Angstgeschrei nach, sondern den ganz normalen Rehfieplaut. Vielen ist gar nicht bewusst, dass auch Böcke diese Töne erzeugen. Vielleicht gelingt es Ihnen ja so den heimlichen, territorialen Bock aus dem Einstand zu locken und vor die Büchse zu bringen.

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